Es gab Orte in meinem Leben, die ich von Kindesbeinen an kannte, vertraute Wege, vertraute Stimmen, vertraute Schatten, die mein Herz begleiteten, ohne dass ich darüber nachdachte. Doch dieser Ort hier gehörte nie dazu. Er war lange nur ein Gedanke, eine vage Sehnsucht, etwas, das man eher spürt als wirklich begreift. Ein fernes Flimmern am Rand meiner Vorstellung, kaum greifbar und doch so nah, dass es manchmal schmerzte.
Ich wusste nicht, was mich erwartete, als ich mich auf den Weg machte. Manchmal führt das Leben uns an Kreuzungen, an denen wir nicht weiterwissen, an denen wir entweder zurückschauen oder den Mut finden müssen, einen Schritt ins Unbekannte zu wagen. Ich wählte den Schritt.
Und nun stehe ich hier.
An einem Ort, der mir inzwischen so vertraut ist, als hätte er all die Jahre darauf gewartet, dass ich ihn endlich finde. Es ist seltsam, wie das Herz manchmal vor dem Verstand weiß, wohin es gehört. Alles, was ich mir im Verborgenen erträumt hatte — jede Farbe, jeder Geruch, jeder Gedanke, der mir nie ganz aus dem Kopf ging — ist hier Wirklichkeit geworden. Nicht größer, nicht kleiner, nicht anders: genauso, wie ich es in mir getragen habe.
Ich atme tief ein. Die Luft fühlt sich neu an, und doch, auf eine seltsame Weise, uralt.
Es ist, als würde ich nicht zum ersten Mal hier sein, sondern als würde ich zurückkehren, obwohl ich zuvor nie einen Fuß in diese Welt gesetzt habe. Vielleicht ist das die Magie eines „Lieblingsortes“: Er existiert nicht erst, wenn wir ihn betreten. Er lebt schon vorher in uns, wie ein Versprechen, das darauf wartet, eingelöst zu werden.
In diesem Augenblick überkommt mich eine Welle aus Dankbarkeit.
Ich spüre, wie mein Herz weicher wird, wie etwas in mir aufatmet — etwas, das lange geschwiegen hat. Es gibt Momente, in denen Worte nicht ausreichen, um das zu beschreiben, was in der Seele geschieht. Und doch versuche ich es.
Ich danke Gott.
Ich danke meinem Schöpfer dafür, dass Er mich geführt hat, ohne dass ich es bemerkte. Dafür, dass Er mir Türen zeigte, auch wenn ich manchmal davor stand und nicht wagte, sie zu öffnen. Dafür, dass Er mir ein neues Kapitel schenkt, jetzt, genau hier, in diesem Moment.
Denn das ist es, was dieser Ort für mich bedeutet:
Ein Anfang.
Ein stilles, behutsames, aber tiefes Beginnen.
Ein Kapitel, das ich nicht gesucht, aber gefunden habe.
Und vielleicht — ja, vielleicht — hat es mich ebenso gefunden.
